Das Bahnhofsviertel mit seinen Pennern und Fixern gehört dazu und das Steintor, Hannovers sündige Viertelmeile. Zwar war da mal eine Sache mit einem Wirt, der behauptet hatte, »Mike« erpresse ihn um Bargeld und verrate Dienstgeheimnisse. Auch hatte sich mal ein Kaufmann aus der Innenstadt beim Polizeipräsidenten beschwert, »Mike« schnorre allenthalben »Geschenke«.
Das trug dem Beamten jedoch lediglich den Spitznamen »Money-Mike« und die Versetzung in den Innendienst ein, vorübergehend. Bald hatte Bähre seinen Stadtteil wieder fest im Griff. Lässig duzte er Wirte sowie Luden und andere Lümmel.
Und reichlich ruppig sprang er mit Verdächtigen und mit dem nächtlichen Treibgut der City um. Er sei nun einmal, sagte »Mike« bisweilen über sich, »Polizist mit Leib und Seele« - vor allem wohl mit dem Leib. Vom Donnerstag dieser Woche an jedenfalls steht der 45jährige Beamte vor Gericht, weil er, wie der Staatsanwalt formuliert, »in verschiedenen Bordellen mit Billigung der Betreiber kostenlos den Geschlechtsverkehr ausgeübt« und dafür verbotene Gegenleistungen erbracht haben soll.
Die Anklage lautet auf Bestechlichkeit, Strafvereitelung, Falschaussage und einiges mehr. Insgesamt bemüht die Justiz zur Wahrheitsfindung 17 Paragraphen und 28 Zeugen, überwiegend echte Halbseide. Letztlich gescheitert ist der kontaktfreudige Beamte offenbar an den Spätfolgen einer »traditionellen Weihnachtsmarktbegehung« mit Kollegen im Dezember , reichlich Glühwein inklusive.
Fest steht: Bei den Akten liegt ein Polaroid-Photo, das den Vorgesetzten von Bähre, einen Kommissar, nackt beim Oralverkehr mit einer thailändischen Frau zeigt. Der Weg ins Bordell führte, soviel ist noch klar, über die Steintor-Kneipe »Libelle«, wo der Kommissar, und da wird es strittig, durch Beimengen von Korn ins Bier und heftiges Zuprosten um seine Selbstkontrolle gebracht worden sein soll. Nach Ansicht der Anklagebehörde war geplant, den Kommissar abzufüllen und den dann völlig Willen-, aber noch nicht ganz Kraftlosen in eine möglichst verfängliche Situation zu bringen.
