Ihr wasserstoffblondes Haar hat sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Die ersten Strähnen haben sich schon gelöst und fallen über ihr pinkes Tanktop. Eigentlich ist sie glücklich mit ihrem Freund, der bei der Feuerwehr arbeitet.
Sie will sich nur etwas dazuverdienen — den Job macht sie freiwillig. Sie gehören zu der gemeinnützigen Hilfsorganisation Karo. Der Verein setzt sich gegen Zwangsprostitution, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Kindern ein und ist von Spenden abhängig. Die meisten Huren erleben laut Mrazkova eine desaströse Kindheit: Sie werden missbraucht, geschlagen oder beides. Oft haben sie auch gar keine Eltern und wachsen im Heim auf, sagt die Expertin. Deshalb können sie laut Mrazkova kein Selbstwertgefühl entwickeln und geraten leicht in die Abhängigkeit eines Zuhälters.
Weil die Prostitution sowie der Menschenhandel in vielen EU-Ländern zunimmt, wird das sogenannte nordische Modell immer häufiger diskutiert. Danach soll der Freier bestraft werden, wenn er Sexdienste kaufen will, nicht aber die Prostituierte. Die deutschen Politiker wollen momentan aber noch nicht so weit gehen. Hierzulande wird unter anderem über schärfere Kontrollen in den Bordellen und eine Anhebung der Altersgrenze diskutiert.
Streetworkerin Mrazkova hat sie gerade gefragt, wie sie Hure geworden ist. Manchmal geht es ganz schnell: rein, raus und weg. So ist es mir am liebsten. Ihre Stimme ist jetzt immer noch freundschaftlich, aber auch ernst. Nach ihrem Handelsmanagement-Studium habe sie keinen Job gefunden. Irgendwann sei sie dann mitgegangen. Das funktioniere ganz gut, sagt sie, so lange die Männer sie nicht berühren oder — ihr Gesicht verzieht sich vor Ekel — küssen.
Ob diese Spaltung ihres Selbst ohne Folgen geblieben ist? Deshalb erklärt er allen neuen Streetworkern zunächst, wie man auch mal mit den Frauen lachen kann.
